Methoden der Talentprognose
Im Nachwuchsfußball hat jeder Spieler das große Ziel immer vor Augen: Fußballprofi werden! Egal ob die Jungs auf der Straße oder dem Pausenhof während der Schule kicken, oder auf höchstem Niveau in einem der Nachwuchsleistungszentren der Bundesligavereine, der größte Anteil würde einmal gerne in der 1. Bundesliga auflaufen.
Auch für die Trainer ist dieser Traum der Spieler von großer Bedeutung, denn ihre Aufgabe ist es ihnen diesen zu ermöglichen. Egal ob in der Bezirksliga in der D-Jugend, oder in der U17 Bundesliga in einem NLZ, die Trainer wollen ihre Spieler immer besser machen.
Interessant ist dabei die Individualität der einzelnen Spieler und wie talentiert sie sind. Oftmals ist es unschwer zu erkennen, welcher Spieler im aktuellen Augenblick der bessere ist, doch wichtig ist die Frage: Wie gut kann ein Spieler noch werden?
Der heutige Beitrag von TalkTics beschäftigt sich mit einer Studie über die Talentprognose von Nachwuchsfußballern und mit welcher Methode hier gearbeitet werden kann.
Die Auswahl von Nachwuchstalenten wurde bisher mit verschiedenen Methoden realisiert. Die wohl älteste Methode ist dabei das Trainerurteil. Hier geht es um die subjektive Einschätzung eines vermeintlichen Experten, der eine Talentprognose nach einer bestimmten Beobachtungszeit für einen Spieler abgibt. In vielen Verbänden, wird diese Methode nun noch zusätzlich mit sportmotorischen Test ergänzt (Höner O. et. al, 2017).
In der Wissenschaft geht man dagegen davon aus, dass ein multidimensionaler Ansatz aus einer Kombination von leistungsdiagnostischen Daten, psychosozialer Evaluierung und der biologischen Reife, die besten Talentprognosen bringt.
Doch welche Methode ist nun die sinnvollste und kann problemlos angewendet werden?
Nachfolgend eine kurze Auflistung von Vor- und Nachteilen der verschiedenen Methoden:
Trainerurteil
Vorteile:
„Ganzheitliche“ und persönliche Spielereinschätzung
Nachteile:
subjektive Einschätzung auf Basis von Gefühlen und Erfahrung;
Einfluss des relativen Alterseffekt wird nicht berücksichtigt
Sportmotorische Tests
Vorteile:
Messung von motorischer und technischer Fertigkeiten ermöglicht eine objektive Bewertung
Nachteile:
Aussagekraft der Testergebnisse zur langfristige Talentprognose wird durch individuell verlaufende biologische Reifungsprozesse beeinflusst
Multidimensionaler Ansatz
Vorteile:
Beachtung weiterer prognoserelevanter Dimensionen, wie z.B. Persönlichkeit, familiäre Unterstützung und Trainingshistorie
Nachteile:
Mögliche Störeinflüsse auf erhobene Variablen (z. B. unbekannter Entwicklungsverlauf)
(Quelle: DFB Akademie, 2020)
Um diese verschiedenen Methoden sinnvoll zu vergleichen, hat ein Forscherteam um Roland Sieghartsleitner eine Längsschnittsstudie durchgeführt. Untersucht wurden 117 Spieler des Schweizer Fußballverbandes (des Jh. 1999). Getestet wurden diese Spieler während ihres U14-Jahrs um eine Talentprognose zu erstellen. Fünf Jahre später wurde dann evaluiert wie weit die Spieler es in ihrer Karriere geschafft haben. Die Ligen 1 bis 3 wurde dabei als „Profi“ angesehen, alles abwärts ab der 4. Liga als „Nicht-Profi“. Von den 117 getesteten Spielern schafften es 20 in den Bereich „Profi“ und 97 Spieler blieben im Bereich „Nicht-Profi“.
Untersucht wurden dabei folgende Modelle der Talentprognose:
Folgende Ergebnisse wurden dabei bei allen verschiedenen Methoden und den beiden Kombinationen statistisch erhoben:
Fazit:
Aus den direkten Vergleichen ist abzulesen, dass eine Kombination aus Trainerurteil und den multidimensional erhobenen Messdaten die erfolgreichste Methode zur Talentprognose ist. Ein Grund hierfür könnte das Ergänzen der jeweiligen Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Methoden.
Originalstudie zum Nachlesen:
Sieghartsleitner, R., Zuber, C., Zibung, M., & Conzelmann, A. (2019). Science or coaches’ eye?–both! Beneficial collaboration of multidimensional measurements and coach assessments for efficient talent selection in Elite Youth Football. Journal of sports science & medicine, 18(1), 32.