Was unterscheidet Jugendtrainer verschiedener Altersklassen?

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erfordert ein altersgemäßes Training sowie einen altersgemäßen Umgang. Doch welche Verhaltensweisen kennzeichnen jüngere und ältere Jugendtrainer? Ein englisches Forscherteam hat sich mit den Trainingsmethoden und kognitiven Prozessen von Trainern verschiedener Altersklassen auseinandergesetzt.

Originalstudie: An investigation of the effect of athletes‘ age on the coaching behaviours of professional top-level youth soccer coaches (Partington, Cushion & Harvey, 2013)

Ziel der Studie

Im Rahmen dieser Studie sollten die Verhaltensweisen und kognitiven Prozesse von professionellen englischen Jugendtrainern in verschiedenen Altersgruppen untersucht werden.

Theoretischer Hintergrund

Diskrepanzen zwischen den kindlichen Bedürfnissen und den Verhaltensweisen eines Trainers führen zu höheren Drop-Out-Raten, Verletzungen und kürzere Karrieren. Jedoch bestehen noch Unklarheiten bezüglich altersgemäßem Training, die in Teilen durch diese Untersuchung aufgedeckt werden sollten.

Methode & Design

Daten wurden in einem englischen Leistungszentrum (Centre of Excellence) zwischen November und März über 16 Wochen gesammelt. Dazu wurden alle verfügbaren Altersgruppen miteinbezogen, sprich U10, U11, U12, U13, U14 und eine kombinierte U15/16. Jede dieser Altersgruppen wurde von zwei Trainern zweimal pro Woche zuzüglich eines Spiels trainiert. Die zwölf Jugendtrainer verfügten größtenteils über Trainerlizenzen (B-Level), einzelne waren ausgebildete Pädagogen und zwei ehemalige Profispieler.

Die zwölf Trainer wurden insgesamt über 67 Trainingseinheiten gefilmt, jeder Proband zwischen 5- und 9-Mal. Zudem wurden Interviews geführt, um die quantitativen Daten mit qualitativen Daten zu ergänzen. Die Beobachtungsdaten wurden anhand einer modifizierten Form des Coach Analysis Intervention System (CAIS, Software zur Analyse von Coaching-Verhalten) analysiert und mit statistischen Verfahren ausgewertet.

Ergebnisse

  • Sowohl die U10/U11-Trainer (54%), als auch die U12/U13-Trainer (73%) nutzten mehr Übungsformen als Spielformen, während die U14 und U15/U16-Trainer häufiger Spielformen (62%) anwendeten.
  • Die Jugendtrainer nutzten insgesamt vor allem Instruktionen (44%), seltener gaben sie Feedback (10%) oder stellten Fragen (7%).
  • Die Trainer jüngerer Mannschaften gaben mehr Instruktionen, die Trainer älterer Gruppen stellten häufiger divergente (offene) Frage, gaben mehr Feedback und nutzten eher Bestrafungen in ihrer Trainingsarbeit.
  • Die Interviews ergaben, dass die kognitiven Prozesse der Trainer statt durch das Alter der Spieler eher durch die eigenen Überzeugungen, die gesammelte Erfahrung sowie den wahrgenommenen Kontext beeinflusst werden.
Talktics-Fazit:

Einige der Ergebnisse dieser Studie waren so zu erwarten, sollten aber kritisch betrachtet werden.
Es ist sicherlich üblich, dass in jüngeren Altersklassen häufiger zu Übungsformen gegriffen wird, schließlich müssen im U10 bis U13-Alter die technischen Grundlagen für die späteren Jahre gelegt werden. Trotzdem sollten sich Trainer dieser Altersgruppen immer wieder hinterfragen, ob sie technische Aspekte nicht in Spielformen oder Minispiele und Wettkämpfe verpacken können. Dadurch werden die Kinder in Drucksituationen gebracht, unter denen sie in den Spielen letztendlich auch entscheiden und handeln müssen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Aspekt der „Instruktionen“. Natürlich sind diese wichtig und führen häufig und schnell zu einem Ergebnis (“When they are playing a game in training it is quicker to tell them how to improve, rather than stopping the session”, Zitat eines U11-Trainers der Studie). Jedoch leidet darunter der komplette Denk- und Lernprozess des Kindes, das schnell eine Lösung erhält, aber unter abweichenden Bedingungen (Spielsituationen) nicht selbstständig die richtige Lösung finden kann. Auch bei jungem Alter der Kinder sollte statt ständigen Anweisungen auf (offene) Fragen zurückgegriffen werden.
Sicherlich erfreulich ist, dass die Trainer älterer Mannschaften vergleichsweise häufiger diese offenen oder divergenten Fragen nutzen. Trotzdem ergab die Studie, dass der Anteil konvergenter, also geschlossener Fragen, in jeder Altersklasse höher lag. Der Appell geht hierbei wieder an jeden Trainer, sich mit Fragetechniken auseinander zu setzen und die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren.

Partington, M., Cushion, C., & Harvey, S. (2014). An investigation of the effect of athletes’ age on the coaching behaviours of professional top-level youth soccer coaches. Journal of Sports Sciences32(5), 403-414.

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