Coachingtipp: Motivation und Motivationskiller im Spitzenfußball

Ein wichtiger Themenbereich mit dem sich alle Trainer und auch angehende Trainer beschäftigen sollten, ist die Motivation. Dabei ist wichtig das Grundkonzept der Motivation zu verstehen, um daraus Schlüsse für die Arbeit mit den eigenen Spielern zu ziehen. Im diesem Beitrag stellt Talktics ein Prozessdiagramm der Motivation vor, aus dem sich verschiedene Motivationskiller ableiten lassen, die euch Trainern helfen, sich die Motivation zu Nutze zu machen.

Im Allgemeinen unterscheidet man in der Wissenschaft in zweckorientierte und tätigkeitsorientierte Motivationsanreize (Hermann & Mayer, 2016). Ein tätigkeitsorientierter Motivationsanreiz betrifft immer die Tätigkeit selbst und bezieht sich auch auf diese. Der zweckorientierte Anreiz dagegen, bezieht sich auf den beabsichtigten Effekt, der aus einer Tätigkeit folgen soll (Rheinberg, 2012).
Zudem müssen immer vier grundlegende Faktoren berücksichtigt werden:
– die realisierte Situation
– die sich daraus ergebende Handlung
– das erwartete Ergebnis
– die daraus wahrscheinlich resultierenden Folgen

Auf diesen Faktoren basiert auch folgendes Prozessdiagramm:

Ausgehend von diesem Prozessdiagramm kommt es also zu einem inneren Monolog, indem aufgrund der grundlegenden Faktoren geklärt wird, ob es zu einer Handlung kommen soll oder nicht. Übertragen in die Praxis bietet es sich an daraus mögliche Motivationskiller abzuleiten, die ein Tun verhindern oder hemmen können. Was bedeutet das also in der Fußballpraxis?

Motivationskiller Nr. 1:
„Der Spieler geht davon aus, dass die Situation bereits feststeht und ein Handeln nichts mehr ändern kann.“

Beispiel:
Der Trainer sagt seinem Torspieler, dass ihm seine Ausstrahlung und seine Präsenz auf dem Platz nicht gefällt. Für den Spieler ergibt sich das Bild, dass der Trainer einen „Oliver-Kahn-Typ“ im Tor stehen haben will und er daran arbeiten soll. Der Spieler selbst ist aber eher eine introvertierte und ruhige Persönlichkeit. Die Analyse des Spielers lautet „So bin ich nicht, ich bin halt kein Oliver-Kahn-Typ. Daran kann man nichts ändern!“.
Ein „JA“ auf die erste Frage verhindert, dass es eine Handlung gibt.

Motivationskiller Nr. 2:
„Der Spieler traut sich in einer Situation ein Handeln nicht zu, oder hat gar nicht die Fähigkeiten zu handeln.“

Beispiel:
Die Mannschaft macht am Ende des Trainings ein Elfmeterschießen zum Abschluss. Jeder Spieler der trifft,darf duschen gehen. Wer nicht trifft muss weiter schießen, bis er ebenfalls ein Tor erzielt. Der letzte Spieler, der übrig bleibt, verliert den Wettkampf und erhält für die Trainingswoche den Titel „Loser der Woche“.
Ein Spieler der Mannschaft erhält diesen Titel in drei aufeinanderfolgenden Wochen. Im Pokal am nächsten Wochenende steht nun ein Elfmeterschießen an und auch dieser Spieler soll einen Elfmeter schießen. Sein Scheitern an diesem Elfmeter ist sozusagen vorprogrammiert, da der Elfmeter für ihn wie eine Bedrohung, statt einer Chance auf den Sieg ist.

Motivationskiller Nr. 3:
„Der Spieler schätzt die Folgen eines erwarteten Ergebnisses als nicht wichtig genug ein.“

Beispiel:
Ein etwas älterer Spieler einer Senioren-Mannschaft hat einige Defizite im Schnelligkeitsbereich und der Athletik. Trotzdem hat er jahrelang gut mitgespielt und auch viel Spielzeit gesammelt.
Der Trainer der Mannschaft geht mit dem Trend und baut vermehrt Schnelligkeit in den Trainingsalltag ein, da das Fußballspiel deutlich schneller und die athletische Komponente immer wichtiger geworden ist. Auch dem etwas älteren Spieler wird nahegelegt, mehr für seine Schnelligkeit zu tun. In seinem inneren Monolog analysiert der Spieler aber, dass er jahrelang gut mithalten konnte und deshalb ist er der Meinung, er bräuchte kein Schnelligkeitstraining. Die Folgen sieht er als nicht wichtig an.
Dementsprechend schlecht ist seine Motivation in den athletischen Teilen des Mannschaftstrainings.

Motivationskiller Nr. 4:
„Für einen Spieler ist die auszuführende Handlung nicht attraktiv und sie macht ihm keine Freude.“

Beispiel:
Ein U19 Spieler, der seit seinem 9. Lebensjahr in einem NLZ spielt, geht nun in die 10. Saison. Seit Jahren erfährt er den Druck der Trainer und der direkten Konkurrenz in seinem Team. Den Spaß am eigentlichen Spiel hat er verloren, er ist ausgebrannt. Egal ob Training oder Wettkampf, er hat keine Freude mehr am Fußballspielen.
Seine Motivation sich weiter zu entwickeln und zu verbessern ist nicht mehr vorhanden.

Talktics-Fazit:
Für den Trainer ist an dieser Stelle wichtig zu verstehen, dass die Grundlage für einen sportlichen Erfolg des Teams oftmals in jedem Einzelnen liegt. Wie schon erwähnt ist die Aufgabe eines Trainers, die Motivationsreize aber eben auch Motivationskiller bei jedem seiner Spieler zu finden.
Ist man sich über die inneren Abläufe bewusst, kann man situativ eingreifen und einen Spieler in einem persönlichen Gespräch anders anpacken oder auch mal einen unkonventionellen Weg gehen.


Die Grundlage der Motivation eines jeden Einzelnen sollte aber auf dem tätigkeitsbezogenen Anreiz liegen. Denn warum stehen wir im Winter bei 2 Grad und leichtem Schneeregen auf dem Platz und quälen uns für den Start in die Rückrunde?

Weil wir es lieben!

Dieser Blogbeitrag basiert auf dem 2016 veröffentlichten Buch „Make them go! Was wir vom Coaching für Spitzensportler lernen können“ von Hans-Dieter Hermann & Jan Mayer.